Von Daniel Dockerill
Auf ihrem diesjährigen Frühjahrstreffen hatte die proletarische Plattform sich mit dem so genannten „Bochumer Programm“ beschäftigt. Aus dem Kreis der Unterzeichner dieses Programms war Angela Wat zu unserem Treffen angereist, hat sich an der Diskussion intensiv beteiligt und kurz darauf eine Zusammenfassung davon, fast ein kleines Protokoll, wenn auch natürlich sehr spezifisch eingefärbt aus ihrer subjektiven Sicht, auf dem Blog des „NAO-Prozess“ ins Internet gestellt. Ihre Ausführungen sind insgesamt sehr wohlwollend ausgefallen, bedürfen gleichwohl teils der Verdeutlichung, teils der Richtigstellung dessen, worauf unsere Beschäftigung mit dem Bochumer Programm abzielt.
Deren genereller Zweck besteht darin, Ansatzpunkte für eine Art Aktionsprogramm zu finden, das dazu geeignet wäre, „unter den mehr oder weniger klassenbewussten Kräften in der Partei DIE LINKE eine Debatte darüber zu entfachen, wie man sich zusammentun und zu einem interventionsfähigen Gegengewicht gegen den staatsfromm sozialpartnerschaftlichen Mainstream in der Partei formieren kann“, wie es in unserem Einladungsschreiben an die „Bochumer“ hieß.
Der Focus auf Interesse und Selbstbewusstsein der lohnabhängigen Klasse ist uns hierbei besonders wichtig.
Hier also ein paar Anmerkungen (vielleicht zumindest teilweise auch in Angelas Sinne) zu einigen der von ihr angesprochenen Punkte.
Selbstverwaltung der Sozialversicherungskassen. Gemeint ist natürlich: Selbstverwaltung ausschließlich durch die Versicherten. So steht’s ja auch im Bochumer Programm, und nur so ist klargestellt, dass es hierbei um etwas anderes geht als die bereits bestehende Selbstverwaltung. In die wählen die Versicherten selbst, also die (zumeist) Lohnabhängigen, zwar auch ihre Vertreter hinein, dies aber unter der Maßgabe der Zusammenarbeit mit den ihre Arbeitskraft verwertenden so genannten Arbeitgebern, die in die bestehenden Selbstverwaltungsorgane zu gleichen Teilen ebenfalls ihre Vertreter entsenden.
Die prinzipielle Unsicherheit lohnabhängiger Existenz, die das Bedürfnis nach Versicherungen für Lohnabhängige überhaupt erst erzeugt, beruht aber gerade darauf, dass es besagte Arbeitgeber gibt, nämlich Menschen, die alle sachlichen Mittel monopolisieren, die es braucht, damit die Lohnabhängigen ihre Arbeitskraft betätigen, d.h. arbeiten, ihr Leben produzieren können. Die Existenzunsicherheit der Lohnabhängigen ist also eine Daseinsbedingung der Arbeitgeber. Wenn diese daher in jenen Versicherungen mitbestimmen, dann der Logik ihres sozialen Interesses nach immer mit dem Ziel, die Wirkung der jeweiligen Versicherung zu begrenzen und am liebsten ganz auszuschalten.
Am schlagendsten ist dieser Zusammenhang im Fall der Arbeitslosenversicherung, die man, wenn die gegnerische Klasse sie nicht längst gekapert hätte, als eine die ganze lohnabhängige Klasse umfassende Streikkasse betrachten könnte; eine Kasse, die die Konkurrenz unter den Lohnabhängigen vermindert, indem sie den Druck ihres unbeschäftigten auf den beschäftigten Teil minimiert.
Zusatzbemerkung: Dass die Arbeitslosenversicherung fürs große Ganze der Gesellschaft der sensibelste Teil des Sozialversicherungskomplexes ist, sieht man übrigens auch daran, dass sie zum einen sehr viel später als die anderen Versicherungen, nämlich erst 1927, in der Folge enormer politischer Erschütterungen zur gesetzlichen Einrichtung wurde und zum andern in ihrem Fall die Selbstverwaltung durch die Sozialpartner von vornherein erheblich gestutzt war – ausdrücklich wegen einer angeblich sozusagen naturgemäß ihr eigentümlichen „Staatsnähe“. Die sog. „Sozialwahlen“ betrafen daher und betreffen auch heute noch nur die Renten- und die Krankenversicherungen. Die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit und in den Verwaltungsausschüssen der örtlichen Agenturen werden dagegen ernannt (für den Verwaltungsrat durch das Bundesministerium für Arbeit, für die lokalen Verwaltungsausschüsse durch den Verwaltungsrat). Gewerkschaften bzw. Arbeitgeberverbände machen dazu jeweils nur Vorschläge. Obendrein sitzt, anders als im Falle der anderen Versicherungen, der Staat hier als dritte Partei auch unmittelbar mit eigenen Vertretern in den Gremien. Und schließlich wurde 2002, im Vorfeld der Hartz-Reformen, der operative Teil dieser kümmerlichen Selbstverwaltung komplett kassiert, so dass die jetzt nur noch die Aufsichtsgremien betrifft.
Dass diese Kasse in die Verwaltung durch Vertreter ausschließlich der Versicherten gehört, wäre aus unserer Sicht eine Forderung, die dem bereits zur Gebetsmühle verkommenen „Weg mit Hartz IV“ endlich eine positive Gestalt geben könnte, die nicht stehenbliebe bei der hilflosen Beschwörung der guten alten Sozialpartnerschaft, aus der ja Hartz IV – und zwar, wie gezeigt, durchaus mit einer gewissen Logik – schließlich hervorgegangen ist. (Vgl. hierzu auch einen früheren einschlägigen Beitrag auf unseren Diskussionsseiten!)
Begründet wird das Mitmischen der Arbeitgeber in den Sozialversicherungen gewöhnlich damit, dass sie doch auch entsprechend Beiträge dazu leisten. In unserer Diskussion zu diesem Punkt des Bochumer Programms wurde nun darauf hingewiesen, dass in der Partei DIE LINKE (beim Landesparteitag in Schleswig-Holstein im Juni 2011) die Frage aufgeworfen wurde, ob in der Folge der Senkung des Arbeitgeberanteils an den Beiträgen zur Krankenversicherung nicht auch die Rolle der Arbeitgeber in der Verwaltung der Krankenkassen zu hinterfragen sei. Das Argument kommt also nicht, wie Angela offenbar missverstanden hatte, von uns, aus der PPF, sondern von Mitgliedern in der Partei, die an sich nach wie vor eher in sozialdemokratischen Bahnen denken. Wir haben damals die Gelegenheit ergriffen, den Gedanken einer Selbstverwaltung der Sozialkassen allein durch die Versicherten in der Partei erstmals ins Gespräch zu bringen und seiner Weiterverfolgung in unserem Landesverband durch Beschluss des Parteitags eine verbindliche Form zu geben (der Beschluss ist freilich, wie so mancher andere, nie in die Tat umgesetzt worden und unterdessen einstweilen völlig in Vergessenheit geraten).
Offen blieb in unserer Diskussion allerdings die Frage, in welcher Weise solche allein von den Versicherten verwalteten Kassen zu finanzieren wären. In früheren kommunistischen Programmen, die jene ja keineswegs neue Forderung der Selbstverwaltung schon formulierten, findet sich oft zusätzlich die Forderung nach ihrer Finanzierung allein durch direkte Beiträge der Anwender der Lohnarbeit an die Sozialkassen der Lohnabhängigen (was hier und heute hinausliefe auf die Ausweitung des Arbeitgeberanteils von 50 auf 100 Prozent). Das Bochumer Programm hat diese Forderung weggelassen, und im Marxforum gibt’s dazu eine Reihe recht interessanter Diskussionsbeiträge (zuletzt wohl hier), denen wir bei der Entwicklung unseres Vorschlags für ein Aktionsprogramm uns sicher einmal ausführlicher widmen sollten (eine Überlegung dazu findet sich unten beim Punkt „Abschaffung der Hartzgesetze“).
Normalarbeitszeit 6 Stunden an 5 Wochentagen. Konsens hatten wir, wie Angela richtig festhält, in der Frage, ob die Forderung einer Verkürzung der Normalarbeitszeit zu verbinden sei mit der nach „vollem Lohnausgleich“. Die Frage hatten wir bereits auf der Grundlage eines Vortrags zu „Kommunismus und Arbeitszeit“ beim vorletzten Treffen der proletarischen Plattform im Herbst 2011 ausführlich diskutiert. Demnach macht die Forderung nach „vollem Lohnausgleich“ nur dort einen gewissen Sinn, wo es um bloß partielle Beschränkungen der Maximalarbeitszeit geht, die nur bestimmte Segmente lohnabhängiger Beschäftigung erfasst. Im Bochumer Programm und auch für uns handelt es sich dagegen um eine solche Beschränkung der Maximalarbeitszeit, die sich auf die ganze Gesellschaft erstreckt, sie zur gesellschaftlichen Norm erhebt. Dafür wäre der Zusatz des „Lohnausgleichs“ einerseits überflüssig, weil die Lohnabhängigen allein durch die mit der Absenkung der Normalarbeitszeit einhergehende Verknappung des Arbeitsanbots bereits in eine so viel günstigere Lage versetzt würden, dass sie den Preis ihrer Arbeit sogar über das Maß eines bloßen Ausgleichs hinaus werden verteuern können. Andererseits aber wäre jener Zusatz direkt hinderlich, denn zur gesellschaftlich allgemeinen Norm könnte die Arbeitszeitverkürzung nur im Wege der Erkämpfung eines entsprechenden Gesetzes erhoben werden, das durch die Forderung, dort einen Lohnausgleich hineinzuschreiben, der nicht unverbindliche Floskel bliebe, ad absurdum geführt würde.[1]
Dies also war, wie Angela richtig festhält, unter uns nicht strittig. Zu unserem Dissens an diesem Punkt schreibt sie:
„Mein kurzes Veto legte ich ein, als sich sofort Gedanken anschließen wollten, wie sich denn dann diese durchgesetzten Forderungen kontrollieren ließen. Immer eins nach dem anderen. Wenn sich Lohnarbeiter selbst für diese Neuregelung ins Zeug gelegt haben, werden sie auch auf deren Einhaltung achten, da bräuchte man mE nicht jetzt schon Vorgaben machen, wie das geschehen solle. Sie [d.h. wir von der PPF; Anm. DD] zogen sich darauf zurück, dass das ja dann nur ein Vorschlag wäre.“
Nun ja, ein bisschen mehr haben die Eine oder der Andere von uns schon dazu gesagt. Zunächst einmal ging und geht es um die Klarstellung, dass in einer solchen Angelegenheit die Durchsetzung eines Parlamentsakts, der ein Gesetz beschließt, das eine ist und die Durchsetzung desselben Gesetzes im Lebensalltag etwas ganz anderes. Anders nämlich als etwa bei den Gesetzen, die das Eigentum des Unternehmers gegen fremden Zugriff schützen, wird es in diesem Fall nicht genügen, es der staatlichen Exekutive zu überlassen, dem Gesetz praktische Geltung zu verschaffen. Diese Überlegung mag für die Bochumer und für uns selbstverständlich sein, aber sie ist es leider weder in der realexistierenden Arbeiterbewegung hierzulande, noch auch nur in der sich auf die lohnabhängige Klasse orientierenden Linken. Wobei es übrigens keine große Rolle spielt, ob wir die Partei-LINKE nehmen oder die deren „Reformismus“ verwerfenden radikaleren Linken. Möchten jene die Dinge rein parlamentarisch erledigen, glauben diese auf deren parlamentarischen Teil „großzügig“ verzichten zu können (wie der Fuchs auf die Trauben, die ihm zu hoch hängen), denn letztlich werde doch alles „auf der Straße“ (ach, wenn man doch wüsste, auf welcher!) entschieden. Es geht uns hier also nur um die eine „Vorgabe“, dass die Lohnabhängigen eine solche Schlacht um ihre Normalarbeitszeit nicht gewinnen werden ohne die Entwicklung ihrer unabhängigen Klassenmacht und die Herausbildung entsprechender Organe, welche näheren Formen diese auch immer annehmen mögen. Und Angela hat sicher ganz Recht, wenn sie annimmt, dass diejenigen, die sich „für diese Neuregelung ins Zeug gelegt haben, … auch auf deren Einhaltung achten“ werden. Ähnlich findet man es denn auch in dem oben erwähnten Text über „Kommunismus und Arbeitszeit“ formuliert, wenn es dort heißt:
„Es braucht vor allem vom Kapital und daher auch vom Staat unabhängige Einrichtungen der lohnabhängigen Klasse, die die Einhaltung der Regelung, so sie denn einmal erreicht ist, überwachen und Verstöße gegen sie ahnden. Wobei es naheliegt zu vermuten, dass solche Einrichtungen in der Kampagne, die die gesellschaftliche Anerkennung der allgemeinen Arbeitszeitverkürzung erkämpft, sich herausbilden und im Falle ihres Erfolges mehr oder weniger fertig bereit stehen werden.“
Zu bestehen ist in diesem Zusammenhang allerdings darauf, dass besagte Einrichtungen ausgesprochenen Klassencharakter in dem Sinne werden besitzen müssen, dass sie dem gemeinsamen Interesse aller Glieder der Klasse Ausdruck verleihen und Geltung verschaffen, nicht zuletzt demjenigen Interesse, das ihrem beschäftigten und ihrem unbeschäftigten Teil gemeinsam ist. Keineswegs reichte es hin, die Frage der Einhaltung der Normalarbeitszeit irgendwelchen „Belegschaften“ oder deren Vertretungen zu überlassen. Wohin so etwas führt, kann man sehr schön am Schicksal der 35-Woche im Bereich der IG Metall studieren. In diesem Punkt scheint mir daher zwischen uns und den Bochumern ein nicht unwesentlicher Dissens zu bestehen, heißt es doch im Bochumer Programm:
„Über alle Abweichungen vom Normalarbeitstag entscheidet die Belegschaftsversammlung“
Das steht dort zwar seltsamerweise nicht unmittelbar bei der Regelung der Normalarbeitszeit, sondern drei Zeilen darunter, im Zusammenhang mit der „Beschränkung der Nacht- und Schichtarbeit“, macht aber erst einmal stutzig. Auf Angelas Argumentation dazu gehe ich gleich noch ein.
Informations-, Rede- Organisations- und Streikfreiheit.[2] Ein Mangel unserer Diskussion an dieser Stelle scheint mir gewesen zu sein, die hier zusammengezogenen zwei Punkte des Bochumer Programms als einen einzigen behandelt zu haben. Wozu allerdings deren Formulierung selbst vielleicht ein bisschen auch verführt.
Im Bochumer Programm lautet der Punkt zur Informationsfreiheit vollständig:
„Informationsfreiheit. Zugang zu allen betrieblichen Daten für Unternehmensangehörige;“
Der Sache nach geht es hier offensichtlich um die Aufhebung des Geschäftsgeheimnisses, ohne welche in der Tat jegliche Einwirkung der Beschäftigten eines Unternehmens auf ihr Schicksal als Beschäftigte in sehr enge Grenzen eingesperrt bleibt und derart ganz zwanglos zur berühmt-berüchtigten Mitbestimmung verkommt, auf die der gewöhnliche Sozialdemokrat sich so viel einbildet. Wäre es aber nicht klüger, dies anscheinend Gemeinte dann auch präzise zu benennen, also direkt die Aufhebung des Geschäftsgeheimnisses zu fordern? Zumal einerseits die „Informationsfreiheit“ ganz allgemein, die auch die Aufhebung der ärztlichen Schweigepflicht und Ähnliches einschließen würde, ja kaum gemeint sein wird, und andererseits nicht recht einleuchtet, warum die Freiheit, über das Geschäftsleben und ‑gebahren eines Unternehmens sich umfassend informieren zu können, auf „Unternehmensangehörige“ beschränkt sein soll. In unserer Diskussion fiel diese Frage leider komplett unter den Tisch.
Zur Diskussion, die im Grunde nur den anschließenden Punkt im Forderungskatalog des Bochumer Programms betraf, die „Rede-, Organisations- und Streikfreiheit“, schreibt Angela, es sei, wie „schon oft auch woanders“, argumentiert worden, dass „doch bis auf Streikfreiheit alles verwirklicht sei“. Mag durchaus sein, dass dies Argument tatsächlich gefallen ist, zumal man in einschlägigen linken Diskussionen und Stellungnahmen immer wieder die Behauptung antrifft, in Deutschland sei es ums Streikrecht besonders miserabel bestellt.[3] Sie ist gleichwohl unzutreffend und scheint mir eine Richtigstellung dringend nötig zu haben.
In Deutschland gibt es bislang keinerlei gesetzliche Reglementierung der grundgesetzlich garantierten Koalitionsfreiheit, die nach allgemeiner, seriös von niemand bestrittener Auffassung das Streikrecht einschließt. Einschränkungen des Streikrechts, die es nichtsdestotrotz gibt in Deutschland, beruhen ausnahmslos auf Gerichtsentscheidungen. Allerdings zielt die im Juni 2010 von BDA und DGB gestartete Initiative zur so genannten „Tarifeinheit“, aus der der DGB inzwischen offiziell zwar ausgestiegen, die aber damit noch keineswegs erledigt ist, just auf eine solche gesetzlich fixierte Reglementierung des Streikrechts. Namentlich die Sozialdemokratie hält ausdrücklich fest an der Zielsetzung dieser Initiative, und Gewerkschaftschefs wie Berthold Huber von der IG Metall lassen intern verlauten, dass deren Scheitern einer Schwäche der Regierung geschuldet sei, der die Sozialdemokratie in näherer Zukunft vielleicht abhelfen könnte.
Eine solche erstmals gesetzliche Reglementierung des Streikrechts wäre m.E. ein ähnlich markanter Einschnitt in die sozialen Verhältnisse in Deutschland, wie es die Hartz-Gesetze gewesen sind – nicht so spektakulär zwar, aber nicht weniger nachhaltig in ihrer Wirkung. Eine Linke, die davon schwadroniert, Deutschland habe „weltweit das rückständigste und restriktivste Streikrecht“[4], macht sich blind und taub für die wirkliche Gefahr die dem Streikrecht hierzulande droht, und könnte, wie schon bei den Hartz-Gesetzen, ein böses Erwachen erleben, wenn es einmal mehr knapp zu spät ist. Vor diesem Hintergrund müsste ein Programm, das den bestimmten politischen Verhältnissen in Deutschland gerecht wird, in Sachen Streikrecht schon etwas zielgenauer formuliert sein und zumindest beispielsweise „Keinerlei gesetzliche Einschränkung des Streikrechts“ verlangen.
Bezüglich der Organisationsfreiheit wurde in unserer Diskussion darauf hingewiesen, dass es immer noch das KPD-Verbot gebe. Dies nach wie vor bestehende, wenn auch derzeit gegenstandslose Verbot ist allerdings etwas anderes als ein einfaches Organisationsverbot, für das ein ministerieller Erlass genügt. Parteien genießen bekanntlich das Privileg, dass ihre Legalität nur durch das Bundesverfassungsgericht aufgehoben werden kann. Umso mehr bleibt im Ungewissen, worauf die Forderung nach Organisationsfreiheit eigentlich zielt. Wird damit die Streichung aller Bestimmungen im Grundgesetz und anderswo verlangt, die ein Verbot und die Auflösung von Parteien oder sonstigen Organisationen unter bestimmten Bedingungen vorsehen? Wenn ja, sollte auch das einigermaßen präzise so oder ähnlich formuliert werden. Und es wäre das eine oder andere Wort darüber zu verlieren, wie man es mit dem angeblich antifaschistischen Charakter[5] zumindest einiger jener Bestimmungen hält, der in der laufenden Debatte um ein mögliches NPD-Verbot ja immer wieder einmal bemüht wird.
Zu Angelas Argument in diesem Zusammenhang, „Gegen-Formulierungen“ führten „nicht wirklich weit, es sei besser, das Für-Bewusstsein zu stärken“, fällt mir im Übrigen der schöne Satz des alten Spinoza ein, der irgendwo sagt, dass jede Bestimmung Negation sei, wonach also schon der Klarheit wegen keinerlei „Für-Bewusstseins“ ohne bestimmte Negation, ohne Bestimmung dessen, wogegen es sich richtet, auskäme.
Beschränkung von Nacht- und Schichtarbeit „auf Betriebe, in denen sie aus technischen oder sozialen Gründen zwingend erforderlich ist“, wie die Forderung des Bochumer Programms vollständig lautet, mit dem oben bereits zitierten, etwas irritierenden Zusatz: „Über alle Abweichungen vom Normalarbeitstag entscheidet die Belegschaftsversammlung.“ Mit der „Abweichung vom Normalarbeitstag“ scheint hier dem Zusammenhang nach offenbar die ausnahmsweise Zulassung von Nacht und Schichtarbeit gemeint zu sein. Darüber also dürfte, wenn’s nach dem Bochumer Programm ginge, „die Belegschaftsversammlung“ entscheiden. Was bereits problematisch genug wäre, denn Belegschaften sind nun einmal durch das sie konstituierende Kapital in hohem Maße erpressbar. Angela aber möchte das Problem womöglich noch um eine weitere Umdrehung verschärfen, wenn sie im Namen der „Selbstbestimmung“ bei der Herstellung von Klassensolidarität anscheinend jeglichen Zwang ausschließen möchte. Zwang nämlich übt natürlich auch eine Belegschaftsversammlung aus, die etwaigen Erpressungen standhält, die Zulassung von Nacht- oder Schichtarbeit verweigert und sie damit logischerweise jeder und jedem Belegschaftsangehörigen definitiv verbietet.
Es gehört zu den teuflischen Charakteristika der Lohnabhängigkeit, dass die ihr – aufgrund ihrer Eigentumslosigkeit – unterworfenen Individuen vor den Gemeinheiten, die kapitalistische Lohnarbeit zahlreich bereithält, in vielen Fällen sich wirksam nur schützen können, indem sie sich der Freiheit begeben, selbst zu entscheiden, ob sie sie sich antun wollen oder nicht. So geht kapitalistische Klassengesellschaft, worin die mit reichlich Zwang und Gewalt ausgestattete Herrschaft des einen Teils der Menschheit über den anderen systematisch in die wunderbare Form des reinen Sachzwangs verkleidet ist. Und die unterworfene Klasse entkommt dem sie malträtierenden Sachzwang, dem berüchtigt stummen Zwang der Verhältnisse gewissermaßen nur über den Umweg, dass sie dessen geheimen Klassencharakter ganz praktisch offen legt, dass sie ihn als gewaltsamen Zusammenstoß oder „Kampf zwischen dem Gesamtkapitalisten, d.h. der Klasse der Kapitalisten, und dem Gesamtarbeiter, oder der Arbeiterklasse“ (MEW 23, S. 249) organisiert und den Individuen gegenüber, aus denen sie sich bildet, so auch geltend macht.[6]
Solcher Zwang, den die Klasse bzw. Teile davon auf ihre Individuen ausüben, ist im Übrigen schon in jedem ordinären Streik anwesend und nimmt dort unter Umständen durchaus auch rabiatere Formen an, etwa wenn Streikposten Versuchen des Streikbruchs entgegentreten und um die Selbstbestimmung der Streikbrecher mit gutem Grund im Zweifel sich den Teufel scheren.
Es wird also auch bei der Beschränkung von Nacht- und Schichtarbeit auf wenige, klar definierte Ausnahmen, die richtigerweise in den Zusammenhang mit der Beschränkung der Normalarbeitszeit gehört, nicht ohne die Klarstellung gehen, dass nicht nur für die Erzwingung eines entsprechenden Gesetzes die Klasse selbst tätig werden muss, sondern auch die Überwachung seiner praktischen Einhaltung keinesfalls dem bürgerlichen Staat überlassen darf.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Im Programm der Partei DIE LINKE finde ich drei verschiedene Varianten, die dieser Forderung entsprechen: „für gleichen Lohn bei gleicher Arbeit“ (S. 6, Präambel), „Recht auf … gleichen Lohn für gleiche Arbeit“ (S. 29, Eigentumsfrage …), „für gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit“ (S. 51, … Geschlechtergerechtigkeit; ähnlich S. 35, Gute Arbeit).
Bis auf die erste Variante teilen sie mit der Formulierung im Bochumer Programm die Schwäche, dass sie den falschen Schein bedienen, als würde mit dem Arbeitslohn die Arbeit bezahlt. Besonders schräg ist in dieser Hinsicht natürlich der Ausdruck „gleichwertige Arbeit“, weshalb ich auf einem Landesparteitag der LINKEN in Schleswig-Holstein einmal vorgeschlagen habe, lieber von gleichartiger Arbeit zu sprechen. Es scheint aber, dass die Formel von der „gleichwertigen Arbeit“ in den Gewerkschaften, jedenfalls dort, wo man sich mit den Fragen gleicher Entlohnung von Männern und Frauen schon länger herumschlägt, bereits ziemlich eingebürgert ist, und dagegen mag die LINKE nicht gerne anstinken. Wie dem auch sei – den Ausdruck „Lohn für Arbeit“ finde ich in jedem Fall unglücklich und ziehe die Formulierung „gleicher Lohn bei gleicher oder gleichartiger Arbeit“ unbedingt vor.
Abschaffung der Hartzgesetze. Arbeitslosengeld für die Dauer der Arbeitslosigkeit. So die vollständige Forderung im Bochumer Programm. Sie steht nach unserer Auffassung unmittelbar im Zusammenhang mit der Forderung nach Selbstverwaltung der Sozialversicherungen durch die Versicherten und sollte deshalb auch dort platziert werden. Es wären diese Kassen, die das Geld zu zahlen hätten, was wiederum zu der Frage führt, woher sie’s nehmen. Zudem fehlt eine Aussage über die Höhe des Arbeitslosengeldes sowie darüber, wer nach welchen Kriterien über die Beendigung der Arbeitslosigkeit entscheidet.[7] Bei Herstellung des Zusammenhangs mit der Verwaltung der Kassen, daher auch ihrer Gelder durch die Versicherten wäre aber immerhin klargestellt, wer über diese Fragen entscheiden soll.
Wenn allerdings, wofür die einschlägige Diskussion auf dem Marx-Forum im Ergebnis zu plädieren scheint, die Kasse fürs Arbeitslosengeld aus den individuellen Beiträgen der Versicherten finanziert würde, also logischerweise aus den Beiträgen derjenigen, die in Beschäftigung sind, steht natürlich zu befürchten, dass es bei knappen Kassen zum Streit zwischen denjenigen kommt, die die Versicherung in Anspruch nehmen, und denjenigen, die sie mit ihren Beiträgen gewährleisten müssen. Die Spaltung der Klasse in Beschäftigte und Unbeschäftigte würde gewissermaßen verdoppelt durch ihre weitere Spaltung in hier Einzahler und dort Empfänger der Beiträge zu den Sozialkassen. Würden dagegen diese durch wie auch immer zu berechnende zusätzliche Abgaben der Kapitalisten direkt an die Kassen finanziert, die den individuellen Lohn nicht affizieren, wäre die Frage der Höhe dieser Abgaben von vornherein als Sache der ganzen Klasse durchsichtig und kaum geeignet, diese zu entzweien.
Kommunalisierung und Demokratisierung. Wir hatten gleich am Anfang der Diskussion uns entschieden, entgegen der Reihenfolge im Bochumer Programm zu beginnen mit dem, was dort als „Unsere wichtigsten gewerkschaftlichen Forderungen“ firmiert und den voranstehenden Komplex der „politischen Forderungen“ zurückzustellen.
Wie unseren programmatischen Eckpunkten zu entnehmen ist, insbesondere deren viertem, halten wir von einer „Demokratisierung“, von der „Ausschöpfung der Demokratie“, wie wir das nennen, durchaus eine Menge. Zugleich wenden wir uns dort aber gegen eine „Verklärung demokratischer Herrschaft zum Endziel aller Emanzipation“ und verweisen darauf, dass noch die folgerichtigste, sozusagen allerdemokratischste Demokratie gleichwohl immer eine Herrschaft von Menschen über Menschen bleibt, mit einer klassenlosen Gesellschaft also nicht zusammenpasst. Die Aussage des Bochumer Programms, dass „Durch Demokratisierung … alle Gesellschaftsmitglieder … die unmittelbare Verantwortung und direkte Kontrolle über Gemeinschaftsaufgaben [übernehmen]“, können wir daher nicht unterschreiben. Dagegen spricht schon auf den ersten Blick das allgemeine Prinzip aller demokratischen Verfahren, dass die – wie auch immer zusammenkommende, wie auch immer festzustellende – Mehrheit entscheidet, eine Minderheit dabei also regelmäßig unterliegt.
Demokratie ist eine zivilisierte Methode nicht zur Verständigung über gemeinsame Angelegenheiten (es entschiede dann das Urteil in der Sache und nicht die schiere Anhäufung von Meinungen), sondern um soziale Kräfte aneinander zu messen, die in der Sache unversöhnlich, weil ihre Interessen in den sie gemeinsam betreffenden Angelegenheiten miteinander unvereinbar sind. Das Proletariat braucht die Demokratie, um sich Raum zur Verständigung in eigener Sache zu verschaffen. Es braucht die Freiheit, sich in scharfer Abgrenzung von jeglichem bürgerlichen Interesse (sei es das des Arbeitsplätze gewährenden Standorts oder das der den Kapitalismus verfluchenden Krauter, Freelancer etc. pp,) zusammenzufinden. Und allein vom Boden eines solchermaßen wiedergewonnenen, wieder zum Bewusstsein gekommenen Klassenzusammenhangs der ganz auf eigene Rechnung ihre Emanzipation betreibenden Lohnabhängigkeit aus erhielte ein Programm der „Kommunalisierung und Demokratisierung“, wie es die Bochumer formulieren, ein Programm des „wir hier unten gegen die da oben“, seinen bestimmten Sinn: als ein Programm, womit das Proletariat die kleinbürgerliche Demokratie, die keine Klassen kennt, auf seine Seite zieht.
So eingeordnet erhielte es freilich ein anderes Gesicht, hätte einerseits weniger zu versprechen, andererseits mehr zu verlangen.
Den Überschwang zu versprechen, dass „Alle gemeinsam und direkt planen und entscheiden“, könnte und sollte es sich schenken. Was an der Phrase vernünftig ist, dass die Produktionsprozesse allgemein immer dringlicher verlangen, das Planen und Entscheiden zur hauptsächlichen Tätigkeit der Menschen darin zu machen, setzt einerseits eine entsprechende Höhe der Arbeitsproduktivität voraus, die dafür allerdings bereits recht weit gediehen ist, andererseits eine drastische Reduzierung der Lohnarbeit, letztlich deren Aufhebung. Nichts davon können „Kommunalisierung und Demokratisierung“ leisten.
Auf der anderen Seite scheint es mir allzu bescheiden, die Kommunalisierung nur als Verlagerung „möglichst vieler gesellschaftlicher Aufgaben“ auf die lokale Ebene zu verstehen. Bei Marx jedenfalls ist der Begriff sehr viel weiter gefasst, nämlich als Demontage des verselbständigten, selbstherrlichen Staatsapparats, seine Rücknahme ins Gemeinwesen (frz.: commune), das auch damals längst nicht mehr die bloße Summe einer Vielzahl nur lose zusammenhängender lokaler Gemeinden war, sondern an sich selbst „ein mächtiger Faktor der gesellschaftlichen Produktion“[8]. Die erste Voraussetzung dafür war seinerzeit im Frankreich der Commune die Beseitigung aller „bloß unterdrückenden Organe der alten Regierungsmacht“[9], allen voran des stehenden Heeres. Und auch hier und heute wäre jede „Kommunalisierung“ bloßer Zierrat, die nicht zuerst solche Machtorgane wie Bundeswehr und ‑polizei ins Visier nähme. Darüber hinaus wäre in Deutschland der Umstand zu berücksichtigen, dass beträchtliche Teile des Staatsapparats, beispielsweise der größte Teil des Polizeiwesens, weil in der Hoheit der Bundesländer, gleich in sechzehnfacher Ausfertigung vorkommen. Sechzehn ziemlich komplette Ansammlungen von Ministerialbürokratien mit zahlreichen angeschlossenen Behörden – das macht eine schöne Menge Extra an Staat, die zweifellos auch jede Menge Extra an Geld verschlingt. Eine Last, die insbesondere die Kommunen gehörig drückt. Gar nicht zu reden davon, dass just diese Länderbürokratien es sind, die in Bundesdeutschland die Kommunen am Gängelband halten[10] (und übrigens auch das Bildungswesen kontrollieren). Kommunalisierung ohne die heilige Kuh des deutschen Föderalismus zu schlachten – das geht hierzulande gar nicht.
3. Nov. 2012
[1] Zur Unterstreichung des oben Ausgeführten sei hier aus einem etwas anderen Kontext noch folgende Argumentation von mir zur selben Frage wiedergegeben:
Wirklich allgemein wäre eine Verkürzung der Arbeitszeit, richtiger: der maximal erlaubten Dauer der Arbeitszeit, nur wenn sie die Form eines „Staatsgesetzes“ (MEW 23, S. 319) hätte. Ein solches Gesetz gibt es, mühsam dereinst erkämpft u.a. durch eine regelrechte Revolution, in Deutschland seit 1918. Dieses seither in seinem substanziellen Inhalt kaum geänderte Gesetz (nach wie vor gilt hierzulande eine Obergrenze von 48-Stunden pro Woche) müsste neu gefasst werden, zum Beispiel so, dass sechs Stunden an fünf Wochentagen als Obergrenze festgelegt würden. Einen Lohn- und Personalausgleich dahinein zu schreiben, ginge schon deshalb nicht, weil es über Lohnhöhen und Personalstärken in den Unternehmen naturgemäß keinerlei gesetzliche Vorschriften gibt, die man zu diesem Zweck ändern könnte. Die Frage des Lohnausgleichs betrifft eine ganz andere Baustelle, und die des Personalausgleichs wiederum eine andere. Wollte man das partout alles auf einen Schlag regeln, dann hätte man eine schöne Aufgabe, um ganze Heerscharen von Arbeits- und Arbeiterbürokraten lange zu beschäftigen, und die Gewissheit, dass für die Malocher am Ende nichts dabei herausspringt, weder mehr Lohn, noch gar weniger Arbeit. Wollen „wir“ im Ernst uns hinstellen und denen sagen: Wenn die Verkürzung der gesetzlichen Maximalarbeitszeit euch nicht zugleich einen Lohn- und Personalausgleich garantiert, dann verzichtet lieber darauf?
Tatsächlich ist die Forderung nach einem bloßen „Ausgleich“ des Lohns angesichts der Tatsache, dass ein wachsender Teil der Beschäftigten von seinem jetzigen Lohn kaum und oft überhaupt nicht leben kann, gerade da, wo es spannend wird, doch eher ein schlechter Witz. Der ziemlich gute Witz der Verkürzung der gesetzlichen Maximalarbeitszeit dagegen bestünde darin, dass deren Durchsetzung die ganze Klasse in erheblich günstigere Bedingung für den Kampf um höhere Löhne versetzen würde. Zumal diese Durchsetzung völlig undenkbar wäre, ohne dass dazu die lohnabhängige Klasse auf hierzulande schon lange nicht mehr dagewesene Weise in politische Bewegung geraten ist. Und ebenfalls einigermaßen undenkbar, dass die so zu neuem Selbstbewusstsein erwachte, vom Kampferfolg ermutigte Klasse, es sich einfach gefallen ließe, wenn die Kapitalisten, was sie natürlich tun werden, ihre Beschäftigten zu nötigen versuchen, durch Verdichtung der Arbeit die ihnen gestohlenen Stunden ihnen zurückzuerstatten.
Statt fromme Wünsche in Sachen Arbeitszeit und Lohn für ein politisches Konzept auszugeben, hätten Kommunisten die Aufgabe, sich selbst, ihre Parteigenossen und ihre Kollegen über solche Zusammenhänge sorgfältig aufzuklären und den aktiven, bewussten Elementen der Klasse dabei zu helfen, deren Kampf auf ein präzise bestimmbares nächstes Ziel zu konzentrieren, das der ganzen Klasse ein Stück Handlungsmacht zur Selbstbefreiung zurückgibt.
[2] Von dieser Aufzählung ist nach dem jüngsten Update des Programms (vom 14. Juli 2012) jetzt nur noch die Streikfreiheit geblieben.
[3] Man nehme nur einmal aus jüngster Zeit den von allerhand linker Prominenz unterzeichneten „Wiesbadener Appell für ein umfassendes Streikrecht“, dem an anderer Stelle m.E. völlig zu Recht umfassend widersprochen wird.
[4] O-Ton „Wiesbadener Appell“.
[5] Vgl. hierzu Hannes Püschel: Antifaschistischer Auftrag. Der Mythos vom antifaschistischen Grundgesetz. In: Phase 2.31, Frühjahr 2009.
[6] Marx: „Zum ‚Schutz’ gegen diese Ausbeuter müssen die Arbeiter die Köpfe zusammenrotten und als Klasse ein Staatsgesetz erzwingen, ein übermächtiges gesellschaftliches Hindernis, das sie selbst verhindert, durch freiwilligen Kontrakt mit dem Kapital sich und ihr Geschlecht in Tod und Sklaverei zu verkaufen.“ (MEW 23, S. 320; hier zitiert nach „Marx-Forum“)
[7] DIE LINKE fordert dazu: „für ein Leben in sozialer Sicherheit, für eine sanktionsfreie Mindestsicherung, die Armut tatsächlich verhindert, und umfassenden Kündigungsschutz. Hartz IV muss weg. Jeder und jede hat das Recht auf Arbeit und das Recht, konkrete Arbeitsangebote abzulehnen, ohne Sperrzeiten oder andere Sanktionen fürchten zu müssen.“ (a.a.O. S. 6)
[8] Karl Marx: Der Bürgerkrieg in Frankreich. Adresse des Generalrats der Internationalen Arbeiterassoziation. In: MEW 17, S. 341.
[9] Dito, S. 340.
[10] Mit seltener Deutlichkeit hat Torsten Albig, derzeit noch recht frisch gebackener Ministerpräsident des Bundeslandes Schleswig-Holstein, das einmal ausgesprochen, als er noch Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel war. Albig, hieß es in einer Pressemeldung von dpa am 8. Februar 2010, fordere „direkte Rechtsbeziehungen des Bundes zu Städten und Kreisen“, und er ließ sich mit den Worten zitieren: „Aus Sicht der Kommunen erschwert das Dazwischenschalten der Bundesländer immer nur unsere Rechtsposition und belastet unsere Haushalte. … Es gibt eine überflüssige Ebene in Deutschland – das sind die Länder. Für ganz wenig braucht man Landesregierungen – außer für sich selber.“
Von Seiten der LINKEN fand ihr damaliger Landtagsabgeordneter Heinz-Werner Jezewski es passend, die Äußerung des Kieler Oberbürgermeisters in einer dazu lancierten Pressemeldung u. a. so zu kommentieren: „Herr Albig zäumt das Pferd mit diesem Vorschlag von hinten auf. Wenn ich kein Geld habe, besteht die Lösung auch nicht darin, mein Portemonnaie wegzuwerfen.“ Albig kratze „mit windigen Argumenten an den Grundfesten der Verfassung“.
Kommentar schreiben