Volksfront für Kurzarbeit

-DD- DIE ZEIT, Handelsblatt, DIE LINKE, junge Welt

 

Angesichts sich deutlich verschlechternder Konjunkturdaten für die deutsche Wirtschaft gibt es einen neuen Hype um die Kurzarbeit, der alle, die hierzulande politisch mehr oder auch etwas weniger zu sagen haben, erfasst hat. Das reicht von Gesamt- sowie IG Metall über die Bundesregierung bis zu den Chefs der Partei DIE LINKE.

26.10.2012 DIE ZEIT. Im Gastbeitrag eines Ökonomen namens Joachim Möller über
Fünf Gründe, warum wir optimistisch sein sollten heißt es unter der Zwischenüberschrift
Kurzarbeit könnte Arbeitsplätze sichern“:

 

„Selbst bei einem stärkeren Einbruch wäre kaum mit Massenentlassungen auf breiter Front zu rechnen, solange die Euro-Zone nicht zerbricht. Die Situation ist nicht wesentlich anders als Ende 2008: Die Natur der Krise wäre im wahrscheinlichsten Szenario in Deutschland eine Nachfragekrise und damit temporär. Es wäre zu erwarten, dass sich die Unternehmen ähnlich wie im Jahr 2009 verhalten, also über interne Flexibilitätsmaßnahmen wie den Abbau von Überstunden die Auswirkungen einer Krise stark abfedern. Auch die Kurzarbeit könnte dann wieder viele Arbeitsplätze absichern. Allerdings ist die Kriegskasse der Bundesagentur für Arbeit anders als 2008 jetzt ziemlich leer. Großzügige Regelungen beim Kurzarbeitergeld müssten also entweder steuer- oder kreditfinanziert werden.“

 

20.11.2012 Martin Dowideit und Sebastian Ertinger(Handelsblatt): 
Die Rückkehr der Kurzarbeit

 

„Etwa 1,7 Millionen Menschen wurden während der Krise 2009 zu Kurzarbeitern. Jetzt erhält die Konjunktur einen erneuten Dämpfer – das Werkzeug Kurzarbeit ist wieder gefragt. Die Gewerkschaften sind für den Einsatz.  

...

Was waren die wichtigsten Änderungen aus dem Konjunkturpaket 2009?

Mit dem Jahreswechsel 2009 war die mögliche Höchstförderdauer befristet auf 18 Monate verlängert worden, später dann sogar auf 24 Monate. Die Voraussetzung, dass ein Drittel der Belegschaft betroffen sein muss, entfiel ebenfalls befristet. Der Arbeitsausfall musste nur noch mindestens zehn Prozent betragen. Die Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers übernahm die Arbeitsagentur bis zur Hälfte und sogar komplett, wenn in mindestens der Hälfte der unfreiwilligen Freizeit die Mitarbeiter weitergebildet werden. ...

 

... Auch in der Nürnberger Zentrale rechnet man mit einem deutlichen Anstieg der Fallzahlen. So plant die Behörde für konjunkturelles Kurzarbeitergeld im nächsten Jahr 600 Millionen Euro ein und damit das Dreifache im Vergleich zu 2012. Mit dem Betrag können laut Arbeitsagenturchef Frank-Jürgen Weise durchschnittlich 190.000 Kurzarbeiter finanziert werden. Ende 2012 wird es in Deutschland voraussichtlich 60.000 Kurzarbeiter geben.

 

... Die Lockerung der Kurzarbeiter-Regelung gilt als ein wichtiger Faktor, warum der weltweite Konjunktureinbruch nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers Deutschland vergleichsweise glimpflich getroffen hatte. Die Unternehmen kürzten im Vergleich zu anderen Länder und früheren Rezessionen weniger Jobs. Die Firmen hielte ihre Fachkräfte und mussten sie bei wieder anziehender Konjunktur nicht erst wiedereinstellen. Dadurch hatten viele deutsche Firmen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der ausländischen Konkurrenz. ..." [mehr lesen]

 

26.11.2012 Katja Kipping und Bernd Riexinger:
Das Ruder jetzt herumreißen – Vorschlag für ein Konjunkturprogramm

 

„Wirtschaft und Beschäftigung sichern, soziale Infrastruktur stärken, ökologischen Umbau gestalten – Bausteine für ein sozial-ökologisches Konjunkturprogramm

...

3. Kurzarbeit Plus: Um zu verhindern, dass der Abschwung den Arbeitsmarkt mit voller Wucht trifft, und qualifiziertes Personal in Beschäftigung zu halten, wollen wir die in der vergangen Krise eingeführten Sonderregelungen zur erleichterten Kurzarbeit (z.B. Erstattung Sozialbeiträge) wieder in Kraft setzen. ..."

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05.12.2012 (Handelsblatt) Regierung verlängert Kurzarbeitergeld 

 

„Hilferufe kamen von Gewerkschaften und Arbeitgebern: Eine Verlängerung des Kurzarbeitergelds von sechs auf zwölf Monate sei nötig, um den Firmen Flexibilität in der Wirtschaftsflaute zu geben. Die Rufe wurden erhört. ..." [mehr lesen]

 

08.12.2012 (junge Welt) Lucas Zeise: Wem das Kurzarbeitergeld nutzt 

 

„Vor einem Jahr noch wurde der Aufschwung in Deutschland bejubelt. Jetzt verlängert die Bundesregierung – rein vorsorglich, wie sie betont – die Kurzarbeiterregelung. Das ist das bisher deutlichste Signal, daß auch sie mit einer Rezession rechnet. Man kann dieser Regierung gratulieren, daß sie ausnahmsweise überhaupt vorsorglich handelt, überhaupt Wirtschaftspolitik betreibt und überhaupt öffentliches Geld auszugeben bereit ist." [mehr lesen]

 

Wie der Autor, derzeitiger Liebingsausdeuter der Krise aus antikapitalistisher Sicht, mit seinem Thema umgeht, scheint mir ziemlich charakteristisch zu sein. Anstößig an der „Kurzarbeiterregelung" findet er allein, dass das Kapital Profite dabei macht, und wundert sich, dass die IG Metall das mitmacht:

 

„Das Geld der Sozialversicherung zum Kampf gegen die Arbeitslosigkeit einzusetzen, ist im Prinzip richtig. Wenn dabei allerdings bei den Unternehmern Sondergewinne entstehen, sollten diese auch abgeschöpft werden. Man hat den Eindruck, daß die IG-Metall-Spitze in dieser Beziehung mit Absicht blind ist. Geht es den deutschen Kapitalisten richtig gut, sind Huber und seine engsten Kollegen vollauf zufrieden.“

 

Dass womöglich etwas mehr als nur die „engsten“ unter den „Kollegen“ des Berthold Huber mit dessen Kurs „vollauf zufrieden" sind, daran mag er gar nicht denken; nicht daran, dass besagte Profite vor allem das Kriegsmittel sind, womit das deutsche Kapital sich zur nächsten Runde in der globalen Schlacht um Absatzmärkte, d.h. um Sein oder Nichtsein, um Fressen oder Gefressenwerden rüstet und dank Huber und Kollegen die deutsche Arbeit dabei an seiner Seite weiß.

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Nicht seine Kritik der politischen Ökonomie lieferte Marx den Schluss auf jenes „revolutio-näre Subjekt“ namens „Prole-tariat“ – herleiten lässt sich aus ihr nichts dergleichen –, son-dern genau andersherum be-gründete die schiere Evidenz des Daseins und Wirkens die-ses Subjekts allererst eine Kritik der politischen Ökonomie, die das Kapital als „Durchgang“ hin zur menschlichen Gesellschaft diagnostiziert. Striche man da-gegen aus der Marxschen Di-agnose dieses einzige wahrhaft historisch-subjek­tive Moment darin aus, bliebe von ihr nur das Attest eines unaufhaltsa-men Verhängnisses.(*)

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