Zum neuen Jahr: Die bittere kapitalistische Wahrheit

-AT- 12.01.2013 Wolgang Schäuble (Die Welt): Zukunft der EU.

Das 21. Jahrhundert wartet nicht auf Europa

 

„Die Fakten in der Euro-Zone sprechen für sich: Die Haushaltsdefizite sinken. Die Wettbewerbsfähigkeit steigt. Die wirtschaftlichen Ungleichgewichte gehen zurück. Verbesserungen bei der Wettbewerbsfähigkeit erleben wir vor allem in Griechenland und in Irland. Dort sind die Lohnstückkosten seit 2009 um jeweils mehr als zehn Prozent gesunken. In Spanien und Portugal gingen sie um sechs Prozent zurück. ...

... Wir müssen die politische Union vollenden. Denn allein ein geeintes, handlungsfähiges Europa kann seine Stimme im globalen Konzert behaupten – politisch wie wirtschaftlich. Und nur so garantieren wir Sicherheit und Wohlstand für die Menschen in Deutschland und in Europa."

 

Nett, wie Herr Schäuble die „Erfolge“ des Fiskalpakts als Jahresbotschaft 2013 einordnet und die nächste Runde des Anheizens der „Wettbewerbsfähigkeit“ gleichzeitig schon als „Agenda-2020“ in der Schublade für die nächste Bundesregierung liegen hat. Und er kann eine Reihe von „Fakten“ aufzählen, die unter deutschem Druck als neue EU-Institutionen zu einer tieferen EU-Integration nach deutschem Geschmäckle führen.

 

Konsequenterweise fordert er mittels schwäbischer Sparkost den Fortgang zu den Vereinigten Staaten von Europa zu beschreiten. Unglücklicherweise hat er als Argument hierfür nur die wirtschafts- und machtpolitische Durchsetzungsfähigkeit „Europas“ anzubieten sowie als schwache Argumentverstärkung die Drohung mit Bedeutungs- und Wohlstandsverlust.

 

Dieses Kost-Angebot hat gleich mehrere unappettitliche faule Stellen:

 

  • Die aktuellste faule Stelle ist die oben angedeutete nie endende Spirale sich gegenseitig wettbewerbs-hetzender Staaten „Europas" mit der Peitsche für die politisch desolat aufgestellten Proletarier.
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  • Unter der Oberfläche der Kost liegt verborgen, dass: „allein ein geeintes, handlungsfähiges Europa .... seine Stimme im globalen Konzert“ nur nach deutschem Takt einsetzen kann. Und: die anderen Europäer mögen den deutschen Taktstock nicht gerne und hören in der „Stimme Europas“ das Echo der krächzenden Laute des Führers und der Kasernenhoftöne des Pickelhauben-Kaisers selig. Die anderen EU-Staaten wollen schlichtweg keine „politische Union“ vollenden. Faktisch geht es dabei um Vereinigte Staaten von Europa (VSE) unter deutscher Führung. Ist die EU letztendlich also doch eine Frage von Krieg oder Frieden – nach altbewärtem deutschen Muster?
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  • Richtig faul an dem Kostangebot ist, dass mit dieser scheinbar biedermeierschen Rezeptur ein brandgefährliches innerkapitalistisches Pulverfass angerührt wird, und zu befürchten steht, dass die "Stimme" eines geeinten, handlungsfähigen Europas "im globalen Konzert" des Kanonendonners und anderer schönen „Rüstungsgüter“ aller hauptimperialer Nationen verstummen würde – zusammen mit ungezählten Menschenstimmen.

 

Herr Schäubles schreibt fürs Wahlvolk 2013 die deutschen Weltmachtträume auf Europas Rücken rosarot aus, obwohl er weiß, dass das deutsche Vabanquespiel um die VSE auf Messers Schneide steht. Ob die Proletarier in Deutschland das Anrühren der bitteren Suppe schon riechen, die sie zu kellnern und auszulöffeln haben werden, wenn sie die Köche weitermachen lassen? Ein spannendes EU-Jahr 2013

 

Frohes Neues Jahr 2013!

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Nicht seine Kritik der politischen Ökonomie lieferte Marx den Schluss auf jenes „revolutio-näre Subjekt“ namens „Prole-tariat“ – herleiten lässt sich aus ihr nichts dergleichen –, son-dern genau andersherum be-gründete die schiere Evidenz des Daseins und Wirkens die-ses Subjekts allererst eine Kritik der politischen Ökonomie, die das Kapital als „Durchgang“ hin zur menschlichen Gesellschaft diagnostiziert. Striche man da-gegen aus der Marxschen Di-agnose dieses einzige wahrhaft historisch-subjek­tive Moment darin aus, bliebe von ihr nur das Attest eines unaufhaltsa-men Verhängnisses.(*)

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