11.1. Wie der BRD der Bolschewismus als äußerer Feind Nummer eins abhanden kam und ihr dabei die DDR zum Anschluss zufiel

Nicht zuletzt durch ihren Vorstoß[1] im Außenhandel gerade mit der SU verlor die BRD aber auch schrittweise den ererbten staatlich gewordenen proletarischen äußeren Erzfeind, den Bolschewismus, als potentielle Täterfigur, falls das EU- und EURO-Abenteuer scheitern und der laufende Wirtschafts- und Währungskrieg in heiße Auseinandersetzungen wichtiger Weltmarktnationen umschlagen sollte.

Zudem vermochte die deutsche Bourgeoisie in diesem Zuge auch noch die Volkswirtschaft der DDR zu kapern[2] und sich das staatliche Monopol an Grund und Boden, Immobilien, Lebensmitteln und Produktionsmitteln per westinstallierter Treuhandanstalt anzueignen. Damit erweiterte sie ihren Binnenmarkt zeitgleich um einen großen Batzen. Wodurch die damals anlaufende zyklische Weltwirtschaftskrise von der BRD-Nationalökonomie praktisch kompensiert werden konnte.

Mit der Einverleibung der DDR als dem materiell gewordenen proletarischen Versprechen einer besseren Welt und der Roten Armee als dessen Garanten verlor die deutsche Bourgeoisie gleichzeitig die Hemmung scharfer Klassenangriffe auf den Lebensstandard der westdeutschen lohnabhängigen Klasse.

Umgekehrt „befreite“ die deutsche Bourgeoisie die staatlich angestellte und besoldete Arbeitsarmee der DDR von ihrem Staatsdienerdasein. Diese wandelte sich durch diese „Befreiung“ zur BRD-eigenen vogelfreien industriellen Reservearmee. Sie wurde als Waffe Arbeitskraft zum durchschlagenden Dauerangriff des Schleifens aller Sozialstandards der Bonner Republik eingesetzt.[3] „Angleichung der Lebensbedingungen“ (nach unten) in Ost und West wird dieser Prozess zynisch bezeichnet.

Hiermit setzte die deutsche Bourgeoisie den Hebel an zum seit dem Lambsdorff-Papier[4] von 1982 formulierten Generalangriff auf die lohnabhängige Klasse, der erst nach der Abwahl und Spendendemontage des schwarzen Buddhas von der rot-grünen Schröder-Fischer-Gang im Co-Management mit den deutschen Gewerkschaften als „Agenda 2010“ durchgezogen werden konnte. Hierdurch verschuf sich das deutsche Kapital seit 2003 entscheidende Konkurrenzvorteile gegenüber den übrigen Weltmarktkonkurrenten, insbesondere innerhalb der EU.

 


[1]     Otto Wolff von Amerongen bahnte als Vorsitzender des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtsschaft in den 1960er Jahren das Mannesmann-Röhrengeschäft samt Magirus-Deutz-LKW-Flotte mit der SU an. Damit brach Deutschland das Handelsembargo des kalten Krieges. Zugleich verschaffte es sich damit die Voraussetzungen für die Ostverträge.


[2]    Der Staatsapparat der BRD begann spätestens 1952 mit der Planung der „Wiedervereinigung“. Siehe: Karl-Heinz Roth, Anschließen, angleichen, abwickeln. Die westdeutschen Planungen zur Übernahme der DDR 1952 - 1990, Konkret Literatur Verlag 2000.
Zuvor hatte Adenauer 1951 vor Abschluss der Europäischen Verteidigungs Gemeinschaft (EVG) und dem Generalvertrag die Westmächte gerade wegen innerer Widerstände gegen die Westintegration zu einer „Bindungsklausel“ gedrängt, gegebenenfalls das „wiedervereinte“ Deutschland in die Westverträge einzubinden. Siehe: Ludolf Herbst, Stil und Handlungsräume westdeutscher Integrationspolitik, S. 15 in: Herbst, Ludolf, Bührer, Werner, Sowade, Hanno (1990): Vom Marschall Plan zur EWG. Die Eingliederung der Bundesrepublik in die westliche Welt, R. Oldenbourg Verlag München; Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, Herausgegeben vom Institut für Zeitgeschichte, Band 30


Die politischen und ökonomischen Vorgänge um die "Wiedervereinigung" der BRD und DDR sowie der Anschluss als treibendes Moment des Umschlagens der ökonomischen deutschen Vormacht in der EG zum politischen Hegemon der EU sind Gegenstand von Teil 2: Der Weg der BRD zur Vormacht Europas nach 1945. Außerdem werden sie im Abschnitt V zur deutschen Außenpolitik nach 1989 kurz gestreift.


[3]     Dies wurde schon 1994 empirisch belegt in: Karl Heinz Roth, Die neuen Klassenverhältnisse und die Perspektive der Linken - Schwächen und Stärken eines überfälligen Diskussionsvorschlags, in: Karl Heinz Roth (Hrsg.), Die Wiederkehr der Proletarität. Dokumentation der Debatte, ISP, Köln 1994.


[4]     Lambsdorff-Papier vom 9. September 1982 (I.), Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
„Als Abteilungsleiter im Bundeswirtschaftsministerium schrieb Hans Tietmeyer den ersten Entwurf für das „Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit“, das Otto Graf Lambsdorff Bundeskanzler Helmut Schmidt vorlegte. Lesen Sie hier den Wortlaut dieses Dokumentes, das zur Scheidungsurkunde der sozial-liberalen Koalition wurde.“ http://www.hans-tietmeyer.de/lambsdorffpapiervom9september1982i.html


Nicht seine Kritik der politischen Ökonomie lieferte Marx den Schluss auf jenes „revolutio-näre Subjekt“ namens „Prole-tariat“ – herleiten lässt sich aus ihr nichts dergleichen –, son-dern genau andersherum be-gründete die schiere Evidenz des Daseins und Wirkens die-ses Subjekts allererst eine Kritik der politischen Ökonomie, die das Kapital als „Durchgang“ hin zur menschlichen Gesellschaft diagnostiziert. Striche man da-gegen aus der Marxschen Di-agnose dieses einzige wahrhaft historisch-subjek­tive Moment darin aus, bliebe von ihr nur das Attest eines unaufhaltsa-men Verhängnisses.(*)

Wertkritischer Exorzismus
Hässlicher Deutscher
Finanzmarktkrise