12 Thesen zur Regierungsbeteiligung

Ein Beitrag zu einer aus unserer Sicht dringlichen Frage innerhalb der Strategiediskussion der Partei DIE LINKE. Wir möchten die Diskussion auf allen Ebenen der Partei anregen.
Von einigen Genossinnen und Genossen aus SH und HH

1. Spätestens 2021 sind Bundestagswahlen. Ein Regierungswechsel steht bevor. Für die LINKE stellt sich nicht die abstrakte Frage, ob sie mitregieren oder nicht mitregieren will. Als ob dies eine allein subjektive Entscheidung des Wollens wäre, unter Absehung aller bedeutsamen gesellschaftlichen Umstände!

2. Wir müssen auch die objektiven Bedingungen betrachten, unter denen die Wahlen stattfinden werden. Zwingend sind zu mindestens Zwei. Die wirtschaftliche Entwicklung und (damit) die politische Lage in der Welt und im Land.

3. Entweder der politische und ökonomische Spielraum entspricht weiter dem Status quo . Dann wird das Kapital auf eine Schwarz-Grüne Regierung setzen können.

4. Dieses Szenario halten wir für unwahrscheinlich. Die systemische Krise des Kapitalismus ist nicht bereinigt  und die zyklische Krise kündigt sich an.

5. Spitzt sich die Krise zu, erhöht sich außenpolitisch die Kriegsgefahr  und innenpolitisch die Notwendigkeit sozialer Kürzungen.

6. Eine Option fürs Kapital wäre dann eine Regierung aus CDU und AFD. (Eventuell unter zur Hilfenahme der FDP). Erste Flirts und kommunalpolitische Kooperationen zwischen beiden Parteien gibt es bereits. Diese Option wird wahrscheinlich alle anderen politischen Kräfte, SPD, Grüne, LINKE, Gewerkschaften und soziale Bewegungen, mobilisieren. Gewerkschaften, SPD und Grüne sind dann gezwungen Farbe zu bekennen. Ein Durchregieren von CDU/AfD unter einem solchen sozialen Klima wäre schwierig.

7. Eleganter für die Bourgeoisie wäre, wenn eine Mitte-Links-Regierung Sozialkürzungen und eine härtere Gangart in der Außenpolitik gegen die Bevölkerungsmehrheit  durchsetzt. Unter Rot-Grün ist dieses Szenario 1998 schon einmal eingetreten. Nicht nur große Teile der Gewerkschaften und der Linken machten sich damals Hoffnungen auf eine politische Wende.  Diese kam auch, aber anders als gedacht: Jugoslawien-Krieg und Agenda 2010. Doch Rot-Grün wird heute keine Mehrheit bekommen, zu dieser braucht es zwangsläufig DIE LINKE.

8. Die LINKE wäre schwächste Partnerin und Mehrheitsbeschafferin für einen womöglich grünen Bundeskanzler in solch einer Regierungskonstellation. Sie müsste weitestgehend ihre Programmatik über Bord schmeißen und betriebe damit ihr Ende als sozialistische Partei. Denn unter objektiven Krisenbedingungen gibt es kaum Gestaltungsspielraum für sozial-linke Reformagenden.

9. Verweigert sich Die LINKE hingegen der Regierungsverantwortung und toleriert die Grün-Rote Regierung nicht, zwingt sie die Bourgeoisie auf eine CDU/AFD-Regierung zu setzen.

10. Unserer Einschätzung nach wäre diese heute eine rechts-konservative, aber keine faschistische Regierung.

11. Der Protest und der Widerstand, der sich gegen solch eine Regierung erheben wird, kann glaubhaft geführt werden von der LINKEN. Denn sie hätte sich nicht in einer Grün-Rot-Roten Regierung ihren Schneid abkaufen lassen.

12. Sofern sich die LINKE ins Zentrum des Widerstands der lohnabhängigen Klasse gegen die rechts-konservative Regierung stellen würde , könnte sie ihre marginale Rolle abstreifen, ihr 10%-Ghetto verlassen. Damit ergäbe sich für die LINKE eine neue Ausgangsposition, um ein wirklicher Machtfaktor in der Bundespolitik zu werden.

Redaktioneller Hinweis:

Der Text wurde auch in die Broschüre
„Beiträge zur Strategiekonferenz
29.02.–01.03.2020 Kassel"
der Partei Die Linke aufgenommen (s. dort S. 306 f.)

Er wurde hier nachträglich am 3.12.2023 hinzugefügt.
Zu ihm gibt es eine Art Update vom 19.4.2022 hier.

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Nicht seine Kritik der politischen Ökonomie lieferte Marx den Schluss auf jenes „revolutio-näre Subjekt“ namens „Prole-tariat“ – herleiten lässt sich aus ihr nichts dergleichen –, son-dern genau andersherum be-gründete die schiere Evidenz des Daseins und Wirkens die-ses Subjekts allererst eine Kritik der politischen Ökonomie, die das Kapital als „Durchgang“ hin zur menschlichen Gesellschaft diagnostiziert. Striche man da-gegen aus der Marxschen Di-agnose dieses einzige wahrhaft historisch-subjek­tive Moment darin aus, bliebe von ihr nur das Attest eines unaufhaltsa-men Verhängnisses.(*)

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