-DD- 16.8.2023 magazinredaktion.tk
Thomas Maul, dezidierter Kritiker der ersten Stunde des Corona-Irrsinns, hat dazu im Mai dieses Jahres in Bonn und im Juni in Berlin (im Laidak) einen Vortrag gehalten, der die vergangenen drei Jahre bilanziert. Jetzt liegt auf den Seiten der MAGAZIN-Redaktion dessen Manuskript vor. Der Vortrag, heißt es dort vorweg, „umfasst einen empirischen und einen politischen Teil und fasst etwa die in seinem Buch Was man wann wissen konnte – Hinweise zur Aufarbeitung der Corona-Verbrechen gesammelten Aufsätze zusammen.“
Im emprischen Teil argumentiert Thomas Maul durchweg auf der Grundlage von Zahlen aus „amtlichen Quellen und konservativen, sehr konservativen, Schätzungen, die ihrerseits auf amtlich zugestandenen Dunkelziffern basieren.“ Und er gelangt zu einer verheerenden Bilanz:
„Die Gen-Injektion ... die von Vornherein keinen positiven Effekt haben konnte, der ja nicht einmal in den geschönten bis gefälschten Zulassungsstudien versprochen wurde, wird am unteren Rand konservativer Schätzung in den USA, Kanada, Europa und Australien 500 Tausend bis 1 Millionen Menschen getötet haben ... Von Impfschäden ... sind allein in Deutschland etwa 300.000 Menschen betroffen. Mit über das übliche Maß an Impfreaktionen hinausgehenden Impfkomplikationen wurden in Deutschland 3 Millionen Menschen in ärztlicher Behandlung codiert, wie diverse Veröffentlichungen der Krankenkassen belegen.“
Im zweiten Teil widmet sich der Vortrag den politischen Implikationen seiner (vorläufigen) Bilanz des Corona-Regimes und der darin aufscheinenden Aussicht, dass
„in wahrscheinlich nicht allzu ferner Zukunft“ womöglich „sich der Westen zunehmend nur noch graduell – und nicht mehr prinzipiell – von den autoritären Wahnsinns-Regimen des Nahen und Fernen Ostens unterscheidet.“
Der Referent greift dabei zurück auf ein Buch von Ernst Fraenkel, betitelt „Der Doppelstaat“, das sich mit dem in den Jahren ab 1933 bis 1938 von den Nazis betriebenen „Umbau“ der Weimarer republikanischen zur schließlich totalen Herrschaft beschäftigt habe. Für die Zeit nach 1938 habe Fraenkel, der bis dahin noch als Anwalt in Nazideutschland tätig gewesen war, dann aber doch in die USA emigrieren musste, später auf die dieser totalen Herrschaft gewidmete „Analyse ... seines Freundes und Genossen Franz Neumann über den Unstaat-Behemoth“ verwiesen. Charakteristisch für jenen „Doppelstaat“ aber sei „die parallele Realität eines irgendwie noch bürgerlichen Normenstaates ... und eines politischen Maßnahmenstaates“ gewesen,
„wobei die permanenten und für sich teils kurzlebigen Verordnungen des Maßnahmenstaates im Konfliktfall über den Gesetzen des Normenstaates stehen und der Maßnahmenstaat sukzessive auf den Normenstaat ausgreift (bis er ihn absorbiert und das gesamte Staatsgebilde dann in – gewollte und systematische – Unordnung, Chaotik, Strukturlosigkeit unter totalitären Vorzeichen umschlägt…).“
Thomas Maul setzt damit das Covid-Regime ausdrücklich nicht gleich „mit Nationalsozialismus und Judenvernichtung“ bzw. mit deren Beginn, sehr wohl aber vergleicht er beides miteinander, indem er einige Gemeinsamkeiten herausstellt, vor deren Hintergrund dann die von ihm sehr klar benannten Unterschiede ja erst kenntlich werden können: Zwar habe es
„unterm Corona-Regime keine Gestapo und Folterkeller, keine patrouillierende SA, keinen expliziten Antisemitismus“ gegeben; „Grundrechte wie die Meinungs- und Pressefreiheit existierten formal fort“. Aber die „für die Zeit nach 1945 beispiellose gesellschaftliche Diskriminierung einer Minderheit (der ‚Ungeimpften‘), ihre Auslieferung an den volksgemeinschaftlichen Hass, die Verfolgung herausgenommener Dissidenten durch Hausdurchsungen und politische Verfahren ... die mit den Isolationsmaßnahmen und Gen-Injektionen verbundenen Massentötungen und Körperverletzungen – all das ist ... natürlich sehr wohl ein Vorschein von Faschismus und NS gewesen.“
Die Qualifizierung als „Vorschein von Faschismus und NS“ scheint mir allerdings eher in die Irre zu führen. Denn sie läuft Gefahr, die Unwiederbringlichkeit der Bedingungen zu verkennen, die „Faschismus und NS“ dereinst möglich gemacht und schließlich grauenhafte Wirklichkeit hatten werden lassen, und vielmehr noch die fatale Unabänderlichkeit des Resultats. Den Nazis war das Handwerk erst gelegt worden, nachdem sie mit erbarmungsloser Konsequenz und entsetzlich nachhaltigem Erfolg den Großteil ihrer Untaten zu Ende gebracht hatten. Vor den Anfang ihres Regimes führt kein Weg zurück. Weder die Emanzipation des Judentums im Rahmen der bürgerlichen Welt Europas, noch gar die des Proletariats von seinem Klassendasein – so gründlich, wie es mit beiden aufgeräumt hat – könnten ein weiteres Mal seinen Furor entfachen.
Den „inhaltlichen Differenzen“ zwischen dem Corona-Regime und dem der Nazis entsprechen daher, bei allen von Maul zu Recht reklamierten „Parallelen“, bestimmte Differenzen auch „der Form“. Dass aus „‚Heil Hitler‘ oder ‚Sieg Heil‘ ... die Nötigung ‚Bleib gesund!‘“ wurde und aus dem ausgestreckten Arm der „Ellenbogengruß oder die Ghettofaust“, und dass „die Maske ... die Hakenkreuzbinde“ ersetzt hat, ist nicht zuletzt dem gewandelten Inhalt geschuldet: dem Umstand, dass die Volksgemeinschaft als das im Postfaschismus konservierte Erbe des Nazismus nur mehr reaktiviert, aus ihrem Schlummer erweckt, nicht jedoch abermals mittels der dazu nötigen martialischen Verfahren überhaupt erst hergestellt werden musste.
Dies macht vielleicht auch jene Unterschiede näher begreiflich, worin, wie Thomas Maul am Schluss zutreffend vermerkt, „das Covid-Regime über Faschismus und NS hinausgegangen ist“, diese also in gewisser Weise weiterentwickelt „und sich dem Islamismus angeähnelt hat“:
„Nämlich in der Drangsalierung auch der nicht-ausgeschlossenen Normalbürger, in der totalitär-volksgemeinschaftlichen Reglementierung noch der kleinsten und intimsten Alltagshandlungen und -gesten vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Totale Kontrolle des öffentlichen und privaten Raumes. Es gab keine Masken im NS und auch kein Verweilverbot, keine Abstandsgebote, keine Regelungen, mit wie vielen Gästen man in den eigenen vier Wänden feiern darf.“
Und noch ein weiterer, ziemlich gewichtiger Unterschied fällt ins Auge:
„Der historische Faschismus war lokal bzw. regional, er kam als politische Bewegung vergleichsweise von außen, um personell und institutionell aufzuräumen, das vorherige Establishment wegzufegen. Ähnlich, nachdem er von außen – nach dem Umschlag in den Unstaat – besiegt wurde. Das globale Covid-Regime dagegen kam von innen, wurde vom vorherigen bürgerlichen Personal selbst betrieben, wurde nicht besiegt, sondern hörte – vorm Umschlag in den Unstaat – bloß so willkürlich wieder auf, wie es gekommen war.“
Was dann in die sehr einleuchtende und leider nichts Gutes verheißende Conclusio mündet:
„Deshalb gibt es kein richtiges Danach. Wir sind – auch wenn es momentan wieder erträglicher ist – mittendrin, mittendrin in einer radikalen gesellschaftlichen Transformation, die alles Bürgerliche abräumt und deren erster Akt das Covid-Regime gewesen sein wird …“
Zu diskutieren wäre, was denn dieses „alles Bürgerliche“ des näheren ausmacht und was an ihm es dazu bestimmt, jetzt abgeräumt zu werden; oder auch, wieviel Bürgerlichkeit jenem „bürgerlichen Personal“ noch zuzumessen ist, das besagten „ersten“ (oder vielleicht, nach dem NS, doch eher zweiten?) Akt ins Werk gesetzt hat und allerdings keinerlei Anstalten macht, es damit bewenden zu lassen.
Zum von Marx sezierten Begriff gehört, von allem geschichtsmächtigen Anfang „alles Bürgerlichen“ an, dessen negative Kehrseite unabdingbar dazu: das Dasein der im „Doppelsinn“ (Marx) freien Lohnarbeit, d.h. des radikal eigentumslosen und aufgrund seiner Eigentumslosigkeit als „Ware Arbeitskraft“ zugerichteten Proletariats. Dass es von der Arbeit dieses Proletariats (jedenfalls hierzulande und anderswo im sogenannten „Westen“) wegen ihrer enormen Produktivität immer weniger braucht, um das irgend noch als „bürgerliches“ ihm gegenüber monopolisierte Eigentum, das Kapital, zu erhalten und zu mehren; dass daher ein immer größerer Teil jener Habenichtse, aus denen es sich speist, statt noch durch seine Mehrarbeit das Kapital zu produzieren, vielmehr von dieser Mehrarbeit mitzehrt; dass daher die Masse des (Kapital-)unproduktiven Teils der Bevölkerung, der sein mehr oder oft auch weniger leidliches Auskommen in staatlichen, staatsnahen oder auch quasistaatlichen Einrichtungen besitzt, immer mehr angeschwollen ist – das dürfte nicht nur eine mittlerweile recht solide sozialökonomische Basis darstellen, die solche Amokläufe wie den Corona- oder jetzt auch wieder den Klimarettungs-Irrsinn trägt. Es bedeutet vor allem die gründliche Auszehrung der Widerständigkeit „alles Bürgerlichen" gegen seine Abräumung, dessen Rettung indes immer schon allein in seiner Aufhebung im Wege der Selbstabschaffung seines Negativs, des Proletariats gelegen hätte.
Vgl. zum Vorstehenden auch auf diesen Seiten in „Plattform am Ende“ den Abschnitt „Fruchtbarer Schoß, aus dem das kriecht“. Lesens- und diskutierenswert im hier aufgemachten und uns wieder nachdrücklich auf die Pelle gerückten Zusammenhang scheint mir auch der erste Abschnitt des folgenden (in meinen „ersten Textvorschlägen“ vom März 2011 in unserer Rubrik Kommunsismus und Israel schon einmal verlinkten) Textes einer „Veranstaltungsgruppe Revolutionstheorien Revisited (Berlin)“ zu sein (die zwei weiteren Abschnitte fallen m. E. dagegen sehr ab): Die Rückkehr des moralisierenden Zuschauers.
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